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Ausstellung Barbara Klemm Schloss Oberhausen

Schwarz-Weiß ist Farbe genug

Heute habe ich mir Zeit genommen für die Ausstellung mit Fotografien 1967 bis 2019 von Barbara Klemm im Schloss Oberhausen. Die Fotografin Barbara Klemm war u.a. Redaktionsfotografin der FAZ (1970 bis 2005). Ihre eindrucksvollen Schwarz-Weiß Bilder dokumentieren über viele Jahrzehnte Menschen und Ereignisse. Die Bilder nehmen einen sofort mit ins Geschehen oder in die historischen Momente und geben oft sehr einfühlsam Stimmungen aus Deutschland und der ganzen Welt wieder.

Ich selber bin 1952 geboren, zähle mich in Teilen zu den 68ern und habe dadurch natürlich vieles, was in der Ausstellung dokumentiert ist, mehr oder weniger bewusst miterlebt. Dadurch besteht meist eine emotionale Bindung zu den Zeitdokumenten, die binnen wenigen Sekunden zahlreiche Erinnerungen auslösen. Manche der gezeigten Bilder sind wahre Ikonen und kommen mir sofort wieder in die persönliche Erinnerung.

Darüber hinaus beeindrucken mich der Bildaufbau, Blickkwinkel, die Position der Kamera, die Kontraste und die klare Sprache der Bilder oder die Geschichte die viele der Exponate erzählen. Meist braucht man die exzellenten Beschriftungen, die konsequent neben den Bildern angebracht sind nicht, um gedanklich wieder nahe bei den Bildinhalten zu sein. Oder mit anderen Worten man sieht großartige Bilder, Zeitdokumente, die oft parallel und manchmal direkt im eigenen Leben und Bewusstsein eingebettet waren oder sind. Eine irre Zeitreise!

Neben der Reportage und Dokumentation sieht man Ihren Bildern den Gestaltungswillen und den künstlerischen Drang zur Bildkomposition an. Sie sieht und zeigt auch oft das drumherum, die Gesamtheit der Szene- zwar auf das Wesentliche reduziert; aber nicht zum close-up minimiert, selten gestellt, sondern der berühmte richtige Moment! – großartig!

Auch die gezeigten Portraits sind für mich besonders. In meinen Links weiter unten erläutert sie Ihre Strategien und Herangehensweisen. In den Interviews zeigt sie auch durchaus Langweiliges und Unvollkommenes und wie sie daraus gelernt und sich weiterentwickelt hat. Wahre Lehrstücke für Portrait-Fotografen.

Präsentation

Die deutlich über einhundert Exponate verteilen sich in der Ludwiggalerie über drei Etagen und sind über Treppen und barrierefreie Rampen und Fahrstühle erreichbar. Die Werke werden überwiegend in gleichgroßen unaufdringlichen Holzrahmen präsentiert. Die Formate der Originale sind durchgängig via verschiedenste Passepartout-Abmessungen in die Rahmen eingepasst. Das wirkt ruhig und harmonisch – man/frau konzentriert sich dadurch unabgelenkt auf die Bilder. Das hat mir neben dem spiegelfreien Glas der Rahmen und der exzellenten und dezenten Beleuchtung sehr gut gefallen. In den wenigen Vitrinen werden darüber hinaus Zeitungen und Bildbände präsentiert.

Die rund 120 ausgestellten Werke, Zeitungsartikel und Bücher geben einen Überblick über dieses dichte Schaffen und die beeindruckende Ausdrucksstärke von Fotografien aus über fünf Jahrzehnten.

Vita Barbara Klemm

Mit ihren Schwarz-Weiß-Fotografien beobachtet Barbara Klemm seit den 1960er Jahren die politischen und kulturellen Geschehnisse in Deutschland und in der Welt. Als Redaktionsfotografin bei der FAZ von 1970 bis 2005 tätig, bereist sie vier Kontinente und begleitet ebenso die Ereignisse im eigenen Land. Dabei stehen die Menschen in ihren Bildern im Mittelpunkt. Mit großer Empathie nähert sie sich den unbekannten „kleinen Leuten“ ebenso wie Politikerinnen und Politikern oder den großen Stars des kulturellen Lebens. Nie entblößend, mit einem sicheren Blick für besondere Situationen, sind heute zahlreiche ihrer Fotografien zu Ikonen für historische Momente geworden.

Ob als Dokumentaristin der Studentenrevolten in den 1960er Jahren, als Beobachterin des Lebens in der DDR oder der politischen Annäherung zwischen Ost und West beim Treffen von Breschnew und Brandt 1973 – immer wieder gelingen ihr eindringliche und bis heute aktuelle Bilder. Besonders intensiv hält sie die Ereignisse rund um den Mauerfall und die Wiedervereinigung fest. Aber auch Parteitage und Wahlsiege oder -niederlagen haben sich durch ihre Fotografien bis heute im kollektiven Gedächtnis verankert.

1939 in Münster geboren, in Karlsruhe aufgewachsen und früh nach Frankfurt gezogen, merkt man ihren Arbeiten das Heranwachsen in einem Künstlerhaushalt an. Ihr Vater war der Maler Fritz Klemm. Der Blick für Komposition und Struktur, für Details und Eigenheiten macht das Besondere ihrer Fotografien aus. Eine gute Kenntnis der Kunstgeschichte wird bei vielen Aufnahmen erkennbar. Vielleicht kommt durch diese frühe Prägung auch ihr intensives Interesse an Porträts von künstlerisch und kreativ arbeitenden Menschen. In ihren zahlreichen Bildnissen, so eines Andy Warhol vor Tischbeins Gemälde Goethe in der römischen Campagna im Frankfurter Städel, arbeitet sie stets eine typische Facette heraus. (Quelle: Pressemappe zur Ausstellung)

Begegnungen

Im ersten Stock traf ich zufällig zwei freundliche Damen. Renate und Ruth arbeiten hier in der Galerie Ludwig im Schloss Oberhausen und erzählten mir von der überaus gelungenen Ausstellungseröffnung mit Barbara Klemm.

Artikel in Arbeit …

Bilder und Eindrücke folgen …

Bonus-Tipps

Der Zugang über die Konrad-Adenauer-Allee 46, 46049 Oberhausen ist eine beliebte Möglichkeit anzukommen. Falls Ihr mit dem Auto anreist: der Parkplatz ist wochentags kostenlos. Mit dem ÖPNV: ab Hbf Oberhausen: Bus-Linie 956 Richtung Oberhausen Goerdelerstr. und Bus-Linie 966 Richtung OB Sterkrade Bf, Ausstieg Schloss Oberhausen.

Die Brücke „Slinky Springs to Fame“ mit 496 Aluminiumbögen der insgesamt 406 Meter langen Brücke über den Rhein-Herne-Kanal des Frankfurter Künstlers Tobias Rehberger wird nachts von 293 in die Alu-Spiralen eingebaute Leuchten in eine inspirierende Atomsphäre getaucht. Die sechzehn Farben des Brückenbelages sind zwar tagsüber etwas verblasst, trotzdem macht die Spiralfederbrücke aber auch am Tag ein fotogene Figur. Die „Slinky“ liegt unmittelbar neben der Ludwiggalerie am Schloss Oberhausen und zählt mittlerweile zu den bekanntesten und beliebtesten Fotomotiven in der Metropole Ruhr. (Quelle: Oberhausen Tourismus)

Der romantische Kaisergarten liegt ebenfalls direkt am Schloss Oberhausen. Der integrierte kleine Streichel-Zoo kommt bei den Jüngsten gut an. Biergarten und Café bieten direkt neben dem Schloss das übliche. Gasometer und Centro sind fußläufig zu erreichen. Also vielleicht etwas Zeit für einen Tagesausflug mitbringen.

Fazit

Die Ausstellung läuft noch bis zum 07. Mai 2023 in der Ludwiggalerie im Schloss-Oberhausen und lohnt sich, nicht nur – aber auch besonders für Street- und Portrait-Fotografen. Neben ihren Bildern des politischen Zeitgeschehens haben mich ihre Potraits und darüber hinaus insbesondere ihre Herangehensweisen und Strategien besonders angesprochen. Die Fotografin hat Schlüsselmomente ihrer Epoche hautnah miterlebt und dokumentiert. Viele ihrer Bilder sind in unseren Köpfen verankert. Die ausschließlich analogen Arbeiten im Original auf Papier zu sehen hat mich tief beeindruckt. Die Qualität und die Sprache sind bestechend und sprechen für sich. Hingehen – spannend!

Links

Die Ausstellung zeigt einen Aus- und Querschnitt der Ergebnisse ihrer Arbeit und wurde von Barbara Klemm selbst kuratiert. Die nachstehenden Links geben einen Einblick in Ihre Strategien und Herangehensweisen.

In diesem WDR-Bericht kommt die Fotografin Barbara Klemm auch selbst zu Wort. Das Video kann bis Januar 2024 in der WDR Westart Mediathek abgerufen werden.

Der Tagesspiegel hat die Fotojournalistin Barbara Klemm im Jahr 2019 interviewt. Auch einige Jahre später absolut lesenswert, wie ich finde.

Auch die Weiterbildungsplattform Foto-TV (ABO erforderlich) zeigt in zwei älteren Filmbearbeitungen ein überaus inspirierendes und nach wie vor aktuelles Interview mit Barbara Klemm. „Beobachten ist anstrengend„, „Sich selbst zurücknehmen und Barrieren überwinden

2 Kommentare

  1. Als ich den Portraitausschnitt des Plakats sah, fragte ich mich zunächst, warum hat 1981 Barbara Klemm den berühmten amerikanischen Pop Art Künstler Andy Warhol vor dem Goethebildnis in der römischen Hügellandschaft (1786) von J. H. Wilhelm Tischbein portraitiert? Oder in welcher Beziehung steht Andy Warhol zu dem bekannten Goethebild? Aufschluss über den feinen Zusammenhang findet man/frau im Frankfurter Städel, Untergeschoss, Gegenwartskunst, Raum 10 in einem 2m x 2,1m großen Pop Art Acryl/Siebdruck-Kunstwerk oder einfacher im digitalen Archiv des Staedelmuseums:
    https://sammlung.staedelmuseum.de/de/werk/johann-wolfgang-von-goethe (Warhol, 1980)

    Weitere Links der zueinander in Bezug stehenden Bildern:
    https://sammlung.staedelmuseum.de/de/werk/goethe-in-der-roemischen-campagna (Tischbein, 1786)
    https://sammlung.staedelmuseum.de/de/werk/andy-warhol-frankfurt (Klemm, 1981)

    Kennt man/frau diese drei Bilder wird der feine Zusammenhang zum Portrait auf dem Plakat vielleicht deutlicher. 😉

    Künstlerportrais

    Lizenz-Infos zum vorstehenden Bild: Foto Gustav Sommer | abgebildetes Buch Barbara Klemm, Künstlerportraits, Verlag nicolai © 2004, Titelbild Bildrechte © Barbara Klemm | Mediale Bildelemente: Hintergrundbild Goethe in der römischen Campagna, Tischbein Rom, 1787 abfotografiert im Städel-Museum Frankfurt von Martin Kraft, Wikimedia Commons gemeinfrei | Hintergrundbild Goethe, Andy Warhol 1982 © Andy Warhol Wikiart © FairUse

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